Hinter der größten Radsportveranstaltung der Welt verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das von einer der reichsten Familien Frankreichs kontrolliert wird. Das Machtgefälle und die finanziellen Abhängigkeiten sind bei der Tour de France über die letzten Jahrzehnte immer deutlicher geworden. Ein Sport-inside-Film von Julius Baumeister und Leon Gellings.

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    Florenz vor wenigen Tagen – Start der Tour de France, dem berühmtesten und traditionsreichsten Radsport- Ereignis der Welt. “Für alle glaube ich das größte Event im Radsport” “Das ist das größte Rennen der Welt für uns und auch das wichtigste Rennen” “Ich bin froh oder stolz auf mich, hier dabei sein zu dürfen” Die Popularität der Tour de France ist in den vergangenen Jahren wieder gestiegen. Die Tour ist ein Spektakel – und ein Millionen- Geschäft. Er begleitet die Tour seit Jahrzehnten – Brian Cookson. Cookson war lange Präsident des britischen Radsportverbandes und bis 2017 Präsident des Welt- Radsportverbandes UCI. Die Tour ist wahrscheinlich das größte jährlich stattfindende Sportereignis. Sie ist enorm wichtig für Teams, Sponsoren und Fahrer – und natürlich für Radsportfans. Wie wichtig die Tour für die Teams ist, zeigt ein Blick auf die Finanzen. Denn 80 bis 90 Prozent ihres Jahresbudgets kommt über Sponsorengelder zusammen. Auch für Spitzenteams wie Redbull-Bora-Hansgrohe und Manager Ralph Denk ist eine erfolgreiche Tour vor allem die Chance, diese so wichtigen Sponsorengelder einzunehmen. Erst vor wenigen Wochen ist der österreichische Getränkehersteller beim Team eingestiegen. Ralph Denk: Ist man erfolgreich bei der Tour, dann ist der Werbewert höher. Fährt man eine schlechte Tour, ist er natürlich niedriger. Wir müssen Geld mitbringen, um das zu finanzieren oder um die Tour de France zu finanzieren. Das ist part of the deal und ist schon lange so und historisch geschuldet. Historisch geschuldet? Wer die Geschichte der Tour de France und Machtverhältnisse dahinter verstehen will, kommt an einem Unternehmen mit Sitz in Paris nicht vorbei: Der Amaury Sports Organisation, kurz ASO. Das Familienunternehmen organisiert und besitzt seit Jahrzehnten die Tour de France. Entstanden ist ein Millionengeschäft. Die größte Einnahmequelle: Vermarktung und Verkauf der TV-Rechte. Ich glaube, das Interessante an der ASO, dem Organisator der Tour de France, ist, dass sie im Prinzip ein privates Unternehmen ist. Es geht um Profite. Das ist ein privates Unternehmen, das ein Sportevent organisiert und damit hohe Gewinne einfährt. Und diese Gewinne gehen letztlich an eine Familie, die Amaurys. Der Verleger und Geschäftsmann Émilien Amaury wird kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Miteigentümer der Tour de France. 1992 gründet sein Sohn Philippe die Amaury Sports Organisation. Zum Unternehmen gehören auch die renommierte Sportzeitung L’Equipe und zusätzliche Sportevents wie die Rallye Dakar. Das Familienvermögen wird auf rund 300 Millionen Euro geschätzt. Der Journalist Alex Duff hat sich jahrelang mit dem Familien-Imperium der Amaurys beschäftigt. Die Tour de France hat darin eine immer größere Bedeutung bekommen. Die Tour de France ist mittlerweile die größte Vermögensanlage für das Unternehmen. Früher brachte vor allem das Zeitungsgeschäft gute Gewinne ein, aber heute hat sich der Fokus mehr und mehr auf den Sport gerichtet. Heute leitet Jean-Étienne Amaury die Geschäfte der Familie in dritter Generation – er ist Präsident der ASO. Jean-Étienne Amaury: Guten Tag und herzlich willkommen zur Präsentation der Tour. Bilder wie diese sind selten. Die Amaurys meiden die große Bühne. Zuletzt gelang es der Familie, mit einer Netflix- Dokureihe neue Zielgruppen zu erschließen und das Interesse am Radrennen wieder zu steigern. Duff: Es gibt viele, die sagen würden, die Amaurys sind die mächtigsten Leute im Radsport. Sogar mächtiger als der Welt-Radsportverband UCI, einfach weil sie die wichtigsten Rennen besitzen. Die Macht der Amaurys zeigt sich besonders bei der Verteilung von Geldern. Denn der Reichtum der Familie wird immer größer. Wie die Amaury Groupe uns mitteilt, machte das Unternehmen im Jahr 2023 einen Umsatz von 588 Millionen Euro. Die Einnahmen der Tour, die TV-Gelder in Millionenhöhe, fließen komplett in die Kassen der ASO. Die Teams hingegen erhalten lediglich Preisgelder im Erfolgsfall und eine Art Aufwandsentschädigung. Ein Umstand, der seit vielen Jahren Kritik hervorruft. Mehrfach forderten Teams und Verbände mehr Einfluss auf die Verteilung der Gelder – erfolglos. Denk: Natürlich sind die ne Macht und ich verstehe auch die ASO, alles, was man besitzt, gibt man nur schwer her oder teilt das. Aber trotzdem sind die Teams halt massiv abhängig von Sponsoren und das würden wir gerne ein Stück weit relativieren. Wenn bei uns ein großer Sponsor den Stecker zieht, dann wird’s eng, dann wird es sehr, sehr schnell eng. Abhängig von den Amaurys sind die Teams auch bei der Planung der Rennen. Denn die ASO besitzt nicht nur die Tour de France, sondern auch andere große Straßenrennen wie Paris- Roubaix, die Vuelta, die Deutschland Tour oder Lüttich-Bastogne-Lüttich. Seit Jahren fordern Teams und Verbände diese Rennen mit anderen großen Radsportereignissen aufeinander abzustimmen. Die Macht der ASO wird auch hier deutlich. Cookson: Eine der Schwierigkeiten, denen ich in meiner Zeit als UCI-Präsident begegnet bin, war die Blockade einiger moderater Reformen. Es ging zum Beispiel um Änderungen des Rennkalenders, damit kleinere Events nicht parallel stattfinden. Selbst gegen solche Änderungen sträubte sich die ASO mit aller Macht. Offensichtlich sahen sie diese als Gefahr und taten alles, um Reformen zu verhindern. Das hat dazu geführt, dass es höchstens minimale Veränderungen gab und wir heute immer noch nicht viel weiter sind als in meiner vierjährigen Amtszeit als UCI-Präsident. Die Familie Amaury …. unangreifbar und übermächtig? Ein Interview möchte uns die Familie nicht geben. Auf unsere schriftliche Anfrage betont man, auf einzelne Fragen nicht näher eingehen zu können. Das Machtgefälle und die finanziellen Abhängigkeiten sind bei der Tour de France über die letzten Jahrzehnte immer deutlicher geworden. Viele Teams müssten ohne das Rennen ihr finanzielles Ende befürchten. Das Geschäft ginge wohl auch ohne sie weiter. Deshalb sind viele Teammanager in einem Dilemma. Die A.S.O ist Monopolist. Sie können ihre Möglichkeiten abwägen. Auf der anderen Seite tragen sie als größter Veranstalter eine Verantwortung für das Gesamtkonstrukt. Und das entwickelt sich nur weiter, wenn wir zusammenarbeiten. Denk: Man müsste nicht versuchen, der ASO und der Familie Amaury etwas wegzunehmen, sondern der Kuchen sollte generell größer werden. Und da müssen meiner Meinung nach, wenn wir unseren Sport weiterentwickeln wollen, kreative Lösungsansätze heran. Kreative Lösungsansätze für die Zukunft des Radsports? Ralph Denk unterstützt gemeinsam mit anderen Teamchefs das Projekt One Cycling- dahinter steht der saudische Staatsfonds PIF. Er möchte in den Radsport investieren, womöglich eigene Rennen veranstalten – die ASO unter Druck? Brian Cookson bezweifelt das. Er glaubt, es gebe kaum einen Weg, die Amaurys zu Kompromissen zu bewegen. Cookson: Alle bisherigen Versuche, den Sport neu zu strukturieren, sind an der Monopolstellung der Tour de France gescheitert. Die A.S.O wird ihre Interessen immer sehr energisch verteidigen. Sie wollen keine Veränderung. Sie befürchten, dass das auf Kosten ihrer Profite geht. Ich denke, so einfach ist das. TC 08:29 Die Tour de France: das bekannteste Radrennen der Welt, ein riesen Spektakel, ein riesen Geschäft – vor allem für die Familie Amaury.

    20 Comments

    1. Finde eher, dass es überraschend kleine Beträge sind im Vergleich zu anderen Sportarten. Umsatz ist nicht Gewinn. Die ganze Tour de France wirft einen Gewinn von 30 Mio. ab. So viel kostet es eine deutsche Großstadt eine EM Fanmeile zu unterhalten. Alleine Christiano Ronaldo hat ein Jahresgehalt von 200 Mio. Nur der eine Club Bayern München macht 100 Mio. Gewinn.

    2. Solange es Europäer sind, die daran verdienen ist für mich halbwegs alles gut. Aber die ganzen Teams und Sponsoren aus Nahost können geschlossen wegbleiben. Die haben Null Interesse am Sport und 100% an Geld. Bei den Europäern gestehe ich zu, dass es 10% Sport und nur 90% Geld sind.

    3. Die TDF ist nicht nur „jährlich“ das größte Sportevent weltweit, die Tour ist ganz grundsätzlich die größte Sportveranstaltung weltweit, noch vor der Fußball WM oder den olympischen Sommerspielen. Btw, die Kommunikationspolitik und Verschwiegenheit erinnert an Rolex😂

    4. Seit dem interview von Lance Armstrong bei Oprah, ist die Tour gestorben. Aus und vorbei!
      Der komplette Sport und die Szene dazu, ist so verlogen, dass die Leute es nicht mehr sehen wollen!!!!!!!?

    5. Da kommen die Araber an, bezahlen das zehnfache an Preisgeld und plötzlich gehen die Teams weg von der Tour de France.

    6. saudis dürfen nicht einsteigen als investor, das geld von denen braucht man zwar aber die bedingungen in den arbaischen ländern sind eine katastrophe

    7. Gut, müssen halt ohne Eintrittsgelder versuchen Geld zu verdienen.
      Und wenn man das Geschäft doof findet, guckt man es halt nicht sondern unterstützt lokale Rennen.
      Ach… die gibt es kaum noch, weil es sich nicht lohnt?

    8. Macht mal bitte ne investigative Dokumentation wie die Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland gelangt ist und wer dahinter steckte. Wer am meisten von der WM profitiert hat und wohin die Millionen Euro an Umsatz geflossen sind.
      Vielen Dank liebes Sportschau Team ☺️

    9. Schwach und einseitige Doku. Ein Umsatz von 500 Millionen ist vollkommen nichtaussagend – der Gewinn wäre interessant.
      Es ist relativ sicher, dass über die Tour andere der ASO-Rennen querfinanziert werden.

      Der Radsport lebt nunmal davon, dass jeder umsonst an der Strecke zuschauen kann. Die Bereitschaft, für die Übertragung im TV zu bezahlen, ist vergleichen mit dem Fußball extrem gering. Den Teams über eine Beteiligung einen relevanten Anteil vom Budget stellen zu können, ist total utopisch. Das Letzte, was der Radsport nun braucht, ist ein kommerzieller Sportwashing-Versuch der Ölstaaten.

      Ja, nicht alles, was die ASO macht, ist gut und toll. Aber sie haben die Tour de France zu einem stabilen und nachhaltigen Event aufgebaut. Ein kurzzeitig erkaufter Hype würde dem Radsport nichts nutzen.

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