Sie ist fünf Meter hoch und über einen Kilometer lang. Die Mauer trennt zwischen Freiheit und Gefangenschaft. In der Justizvollzugsanstalt Köln Ossendorf sitzen rund 1200 Männer, Frauen und Jugendliche. Ärztlich betreut werden sie vom Gefängnisarzt Dr. Jörg Wiewer. Sein Arbeitstag beginnt mit dem Gang durch die Sicherheitsschleuse. Bis zum Feierabend ist auch er hinter Gitter. Ob simple Erkältung, Verletzungen oder komplizierter Entzug – jeder Häftling erhält von ihm Hilfe. Ein Film von Martina Kast

    💚 health tv
    🧑‍⚕ Wir lieben Gesundheit. 🤸‍♂🥗🧘‍♀🧬🩺

    🔔 Jetzt abonnieren und keine Folge mehr verpassen!
    Zum health tv-Kanal: www.youtube.com/c/healthtvde

    💚 Wir sind health tv. Wir befähigen Menschen, selbstbewusste und fundierte Entscheidungen über ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu treffen, weil gesund sein keine Selbstverständlichkeit ist.

    💚 Unsere Vision ist es, jeden Menschen mit dem Wissen, den Ressourcen und dem Verständnis auszustatten, um ein gesundes und selbstbestimmtes Leben zu führen. Unsere Inhalte fördern und verbessern die Gesundheitskompetenz der Gesellschaft und tragen so zu einer gesünderen und glücklicheren Welt bei.

    💚 Unser Antrieb ist es, komplexe Gesundheitsinhalte einfach und für jeden verständlich, relevant und unterhaltsam zu machen. Wir nennen es: “Educational Entertainment”.

    💚 Unser Medium ist das Video. Wir sind rein digital unterwegs. Unsere Sendungen gibt es auf unserem YouTube-Kanal und im Smart TV (zum Beispiel bei Rakuten TV, waipu.tv, Zattoo und Xiaomi. Dort findet ihr noch mehr spannende Sendungen, Fitness-Formate, Talks, und längere Reportagen rund um Gesundheit und Prävention. Unsere aktive Community interagiert mit uns in den Sozialen Medien bei Instagram und Facebook. Wir streben danach, ein Gefühl von Gemeinschaft und Verbundenheit zu fördern, indem wir die Möglichkeit bieten, eigene Erfahrungen zu teilen und mit anderen in Kontakt zu treten, die möglicherweise ähnliches erlebt haben.

    💚 Gründer und Mehrheitseigentümer von health tv sind die Asklepios Kliniken, ein führender privater Klinikbetreiber in Deutschland.

    👍 Bei Facebook findet ihr uns auf folgender Seite:
    📲 https://www.facebook.com/healthtvde

    👍 Wir sind auch bei Instagram:
    📲 https://www.instagram.com/healthtv.de/?hl=de

    👍 Und bei LinkedIn:
    📲 https://www.linkedin.com/company/healthtv-de

    Zum Impressum: https://www.healthtv.de/intern/impressum.html

    Über einen Kilometer lang und fast 5 Meter hoch. Die Mauer zwischen Freiheit und Haft. Hier in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf arbeitet Dr. Jörg Wiewer als Gefängnisarzt. Fast 1200 Haftplätze stehen bereit für Frauen, Männer, Jugendliche. Und sie bekommen im Knast im Notfall auch ärztliche Hilfe. Dr. Wiewer hat in seinen Sprechstunden ein breites Behandlungsspektrum. Ob simple Erkältung, kleinere Verletzungen oder schwerer Drogenentzug. Jeder Häftling erhält von ihm Hilfe. health tv darf den Gefängnisarzt einen Tag lang begleiten, bekommt einen Einblick in eine ganz eigene Welt. Die Justizvollzugsanstalt in Köln-Ossendorf ist legendär. In den 50 Jahren ihres Bestehens saßen hier berühmte Häftlinge wie Günter Guillaume, Ulrike Meinhof oder Beate Zschäpe ein. Die JVA Köln-Ossendorf ist der größte Knast in NRW und der drittgrößte Deutschlands. Als er vor über zehn Jahren angefragt wurde, ahnte Jörg Wiewer nicht, was auf ihn zukommt. Doch die Herausforderung hat den Facharzt für Innere Medizin gereizt. Er wechselt aus einer Privatklinik an einen Arbeitsplatz hinter Gittern. Morgens um 8:00 Uhr Dienstbeginn für den Gefängnisarzt. Es gibt mehrere Hafthäuser für Frauen, Männer, Jugendliche, getrennt in Strafhaft und Untersuchungshaft. Die unterschiedlichen Häuser sind durch ein Gangsystem verbunden. Der Medizintrakt liegt in der Mitte der Anlage. Hier hat der Gefängnisarzt sein Büro. Es ist vergittert wie jedes Fenster, jede Tür in der JVA. Auf den ersten Blick wirkt das beklemmend. Und wie geht es ihm damit? Die nehme ich gar nicht wahr. Ich nehme gar nicht die Gitter dort wahr. Ich schütze mich manchmal von Blicken von außen, aber ansonsten nehme ich die Gitter gar nicht wahr. Das ist ein besonderer Arbeitsplatz natürlich, aber insgesamt macht das sehr, sehr viel Freude, ist total vielfältig der Arbeitsplatz, der Arbeitsalltag. Und wir kümmern uns wirklich um die Menschen, die Hilfe benötigen oder Hilfe bisher abgelehnt haben und können im Wesentlichen eigentlich nur gewinnen. Erst einmal muss er sich auf den neuesten Stand bringen. Ich schaue die Meldungen, des nachmittags und der Nacht an, ob irgendwelche Vorfälle in der Anstalt waren. Ob bestimmte Medikamente in den Zellen versteckt waren, ob bestimmte Gefangene aggressiv waren. Manche kommen vom Gericht wieder in die Anstalt und haben eine Haftstrafe bekommen und sind vielleicht enttäuscht und frustriert über die Höhe der Strafe und wir achten besonders darauf, dass unsere Inhaftierten sich selbst nichts antun. Statt als Internist in einer Klinik im weißen Arztkittel ist für ihn in der JVA Anstaltsblau Vorschrift. Doch wie steht es um das Image? Natürlich ist Arztberuf weiterhin angesehen. Gefängnisärzte rangieren nicht oben auf der Liste. Ich kann nicht sagen, warum. Warum das nicht der Fall ist? Weil der Beruf sehr anspruchsvoll ist und sehr abwechslungsreich ist und man gesellschaftlich eine ganz wichtige Aufgabe wahrnimmt. Bis zur Sprechstunde bleibt noch ein bisschen Zeit. Jörg Wiewer wird uns jetzt erst einmal zeigen, wie die Vollzugsanstalt ausgestattet ist. Hier findet gerade die gynäkologische Sprechstunde statt. Das ist unser Lazaretttrakt. Außerdem können die Augen untersucht und kleinere Operationen durchgeführt werden. Hier ist unser zahnärztlichen Bereich. Guten Morgen. Auch im Knast soll keiner Zahnschmerzen haben. Nancy Elsner beobachtet jedoch, dass die Patienten hier ängstlicher sind. Ich muss mal ganz vorsichtig berühren. Also, das geht oder tut das weh? Es ist einfach, es ist mein Job. Es geht mir nicht um die Menschen an sich, sondern um meinen Job. Es geht nur um die Zähne. Es geht mir um die Gesunderhaltung, um die Schmerzbehandlung. Von daher, ich sehe nicht den Menschen an sich, was er gemacht hat. sondern ich sehe die Zähne. Nebenan werden Röntgenaufnahmen von der Lunge gemacht, denn dieser Häftling klagt über Luftnot. Nächste Station, die hauseigene Apotheke. Das Reich von Iris Schwedux. Sie wacht über Medikamente, Salben und Tinkturen. Mehr noch: Blutabnehmen, Röntgen, EKG schreiben, Medikamente bestellen, Pillen bestellen und rausgeben, zu was alles. Und für die gute Laune sorgen. Braucht man das? Ich glaube, viele brauchen das hier. Viele brauchen das hier. Also. Aber ich springe ja immer mit. Die gibt es umsonst von mir. Dr. Wiewer ist nicht Ihr erster Chef. Es braucht besondere Fähigkeiten ein fast 30-köpfiges Team zu koordinieren. Er muss fachlich natürlich gut sein. Hier drin muss so ein Chef ja auch sich mit allem befassen. Mit den Inhaftierten, mit uns Angestellten. Er muss mit allen gut zurechtkommen. Nein, aber er ist wirklich ein netter. Dass es leer ist, weil… Sie packt eben Salben und Medikamente ein, die eigens für die Häftlinge bestellt und hergestellt wurden. Man kann sich vorstellen, dass diese Logistik für über 1000 Gefangene mit allen Erkrankungen, die es praktisch gibt, sehr aufwendig ist, dass sehr oft Spezialmedikamente, die nur kurzfristig haltbar sind, angefertigt werden. Und diese Menschen an sehr komplexen Erkrankungen leiden. Wir haben Nieren transplantiert, wir haben Herz transplantiert. Wir haben schwere rheumatische Erkrankungen, Bluterkrankungen. Und entsprechend ist unsere Ausstattung vor Ort sehr umfangreich und wir können auch jedes Medikament in kurzer Zeit besorgen und bestellen. Aber die Logistik, die dahintersteckt, ist natürlich enorm. Es ist kurz vor 10 Uhr. Zeit für die Sprechstunde, heute im Frauentrakt. Guten morgen. Morgen. Die angemischten Sachen aus der Apotheke. Hier assistiert ihm Schwester Sina. ihren Freundeskreis hat der Wechsel von der Klinik in den Knast überrascht. Dass man im Gefängnis arbeitet als Krankenschwester, ist nicht so gewöhnlich, wie im Krankenhaus oder in anderen Einrichtungen. Also ich finde es auf jeden Fall angenehmer, als im Krankenhaus zu arbeiten. Macht Spaß, auf jeden Fall. Geht ihr das nicht nahe? Mir persönlich geht das in der Regel nicht nah. Ich denke, wenn einem das hier nahe gehen würde, dann wäre man auch im falschen Job. So nah darf man das nicht an sich ranlassen. Und doch ist mit jeder Patientin auch ein Schicksal verbunden. Sie möchten nicht erkannt werden. Eine der Patientinnen werden wir später kennenlernen. Wie in jeder anderen Sprechstunde auch, kann immer etwas Unerwartetes passieren. Jedes Mal neu. Ich hab keinerlei Ahnung, um welche Erkrankungen, welche Dinge auf mich zukommen. Jeder Tag wird neu gemischt, von ganz einfachen Erkrankungen bis höchst komplexen und bedrohlichen, manchmal auch lebensbedrohlichen. Darf ich einmal sehen? Die Schilddrüse ist ein bisschen vergrößert. Das gucken wir uns mit dem Ultraschall noch mal an. Sie klagt über Unruhe und Schlaflosigkeit. Das kann durch eine Fehlfunktion der Schilddrüse kommen. Sind alle Ergebnisse da reicht ein Medikament. Können Sie gerne abmachen. Helfen kann man immer. Und auch wenn es manchmal nur Zuspruch ist und Trost. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten zu unterstützen. Also, Sie brauchen uns keine Angst haben. Wir können das gut behandeln, aber man muss es auch behandeln und Ihnen wird es danach besser gehen. Sie werden nicht mehr diese Unruhe haben. Der Herzschlag wird wieder langsamer werden. Sie sind wieder leistungsfähiger, auch wenn Sie sich bewegen oder Sport machen. Können besser schlafen, schwitzen nicht so viel. Kommen Sie rein, bitte. Und schon geht es weiter. Diese Menschen haben sich ja häufig wenig um sich gekümmert. Haben schwerste Erkrankungen, Infektionen, die es auch noch zu behandeln gilt. Also es ist eine ganz enorme Dichte, die man als Außenstehender nicht unbedingt erkennt. Und diese Menschen sind in der Regel bevor sie straffällig wurden, drogenabhängig, schwer traumatisiert und das prallt dann in den wenigen Wochen oder Monaten, wo sie hier sind auf uns ein und wir versuchen hier zu koordinieren und einzugreifen und Hilfestellung zu geben. Was uns in einigen Fällen gelingt, in anderen nicht. Man kann nicht alles in wenigen Wochen oder Monaten regeln, was vorher in 30 Jahren in eine falsche Richtung gegangen ist. Hallo! Ich grüße Sie, Guten Tag. Was kann ich für Sie tun? In diesem Fall ist es nur eine Erkältung, allerdings mit heftigen Ohrenschmerzen. Nebenan versorgt Sina Groß eine Patientin, die sich den Nagel eingerissen hat. Bislang keine größeren Dramen. Doch so ruhig ist es nicht immer. Es ist ein sehr anspruchsvoller Beruf und sehr abwechslungsreich. Und natürlich muss man sich davon auch erholen. Aber solange es Freude macht, hat man genügend Energie für das Ganze. Hallo! Nehmen Sie Platz. Seine nächste Patientin dürfen wir zeigen. Ihren Namen möchte sie aber nicht nennen. Sie wird bald entlassen. Freut sich auf ihr Zuhause und ihre Kinder. Doch jetzt hat sie sich noch eine Erkältung eingefangen. Ihr Hals ist entzündet. Schwester Sina dokumentiert den Befund aller Patienten und deren Behandlung. Diese Patientin saß schon mehrfach ein. Zwei Monate sind es diesmal. Nur ein Schicksal von über Tausenden hier drin. Und doch ist es typisch. Für Diebstahl, Diebstahl für Betäubungsmittel. Und wie geht es jetzt weiter? Ja, ich habe gleich die Therapie erst mal nicht mehr so gut überstehe. Darum geht es. Und die Abdosierung verläuft hier wunderbar. Dann muss ich sagen, dass es in anderen Anstalten nicht so ist. Das ist halt wirklich gut gelaufen. Sie hofft, dass sie den Entzug erfolgreich durchsteht. Dr. Wiewer will sicherstellen, dass sie draußen nicht in ein Loch fällt. Die Gefahr ist groß. Doch sie hat das gut organisiert. Ich werde morgens immer draußen vor dem Wohnbereich abgeholt und auch dorthin gefahren. Perfekt. Der Übergang ist immer ganz entscheidend. Von der JVA in die Freiheit. In den ersten 48 Stunden verlieren wir viele Patienten entweder dadurch, dass sie direkt wieder konsumieren oder dass sie so stark und so intensiv konsumieren und nicht mehr daran gewöhnt sind und dabei auch versterben können. Deswegen ist der Übergang unheimlich wichtig und wir arbeiten mit den Sozialarbeitern eng zusammen und den Kliniken. Dass das auch wirklich betreut wird, das ist personalintensiv, aber absolut notwendig, weil sonst die ganze Arbeit der Vormonate verloren ist und wir dann Patienten gefährden und gegebenenfalls sogar darunter verstirbt. Bin abhängig geworden als vor zehn Jahren mein Mann verstorben ist, neben mir im Bett, wie der Arzt schon sagte, er kam damals aus der Haft und hatte eine Überdosis. Ja genau so ist es dann verlaufen. Der lag dann auch tot neben mir und darüber hatte ich dann zu kämpfen und da fing das alles mit meinen Drogen an. Alles Gute. Gerne. Tschüß. Leicht wird das nicht. Die Menschen sind so schwer erkrankt, dass dieser Suchtdruck so hoch ist, dass sie sich dem nicht widersetzen können. Und das ist der entscheidende Punkt. Alles andere als die Droge spielt keine Rolle. Deshalb behandeln sie sich selbst so schlecht und gegebenenfalls auch ihr Umfeld und werden straffällig und geben ihre gesamte Energie, ihr gesamter Tagesablauf dreht sich darum. Geld zu besorgen für die Drogen. Und wir wirken dem entgegen durch eine geordnete Substitution und gegebenenfalls durch ein Ausschleichen der Drogen und Übergang in den normalen Alltag. Für den Termin beim Arzt müssen sich die Gefangenen frei nehmen, denn sie haben einen strukturierten 8-Stunden-Tag. Etwas, was viele im Knast zum ersten Mal erleben. Die Patientin, die wir gerade untersucht haben und behandeln, ist auch klassisch für den Vollzug. Jemand, der frühzeitig Drogen konsumiert hat und entsprechend viele verschiedene Drogen konsumiert hat, abhängig geworden ist, infektiöse Erkrankungen entsprechend bekommen hat und die wir hier behandeln. Und sie wird weiterhin nach Drogen gieren praktisch. Diese Phase gilt es zu überwinden und sich zu stabilisieren in ihrem sozialen Umfeld, in ihrem beruflichen Umfeld. Und dass wir dann sie hoffentlich an diesem Ort nicht wiedersehen. Nach der Sprechstunde möchte Dr. Wiewer uns einen besonderen Ort zeigen. Der wohl gefürchtetste in der gesamten Justizvollzugsanstalt. Wir können mit ihm dort hingehen, weil an diesem Tag kein Häftling da ist. Normalerweise geht er nur in Begleitung von mehreren Justizbeamten. Wir betreten jetzt den besonders gesicherten Haftraum. Dieser Raum ist vorgesehen für Inhaftierte, die sich selbst oder Bedienstete gefährden. Und ist unsere letzte Möglichkeit, den Inhaftierten vor sich selbst oder vor uns zu schützen. Es muss eine erhebliche Verletzungsgefahr von ihm ausgehen. Oder er hat sich selbst verletzt, dass wir ihn schützen müssen. Und in diesem Raum, der komplett mit Beton ausgekleidet ist. Kameraüberwacht ist, gegebenenfalls auch noch eine weitere Person von außen gesichert ist. Wird derjenige beobachtet, wird er versorgt, medizinisch und vollzuglich und immer wieder überprüft, ob wir ihn aus diesem Raum wieder in eine normale Zelle oder in eine sogenannte Zelle überführen können. Das wird täglich gemacht, da wir niemanden unnötigerweise gegen seinen Willen hier unterbringen. Es kommen diejenigen Personen herein, die zum Beispiel ihren Haftraum zerstören, die Bedienstete attackieren. Das sind in der Regel wenige Tage. Also Sie können sich vorstellen, wenn Sie hier 24 Stunden mit sich allein sind, ist das dann schon ein Gedankenprozess kommt. Was habe ich gemacht oder will ich das wieder tun? Oder wo geht es mir besser? Und niemand möchte alleine isoliert längere Zeit hier sein. Mittagspause. Dafür geht Dr. Wiewer heute hoch in die Kantine. Dort wird er Justizbeamte und Kollegen treffen, möchte ungestört essen und sich unterhalten. Dabei gefilmt werden will er nicht. Frisch gestärkt treffen wir ihn wieder im Trakt für Untersuchungshäftlinge. Ein Neuzugang. Der bekommt eine Eingangsuntersuchung. Wir haben im Untersuchungshaftbereich eine sehr hohe Schlagzahl im Sinne, dass wir viele Patienten in ganz wenigen Minuten und relevante Entscheidungen treffen müssen. Andererseits muss ich auch vorankommen. Und das ist ein kleiner Spagat. Und dem muss man sich täglich wieder neu stellen. Über Bewegungsmangel braucht er sich nicht zu beklagen. Die Strecken zwischen den Hafthäusern sind lang, Es werden schon 6 bis 10 Kilometer am Tag zusammenkommen. Die Hafthäuser sind ebenerdig angeordnet. Das Gangsystem ähnelt einem Labyrinth. Dr. Wiewer arbeitet nicht im Schichtdienst. Doch für die 27 Beamten, Krankenpfleger oder Angestellten ist gleich Schichtwechsel. Damit der gelingt, gibt es eine sogenannte Übergabe. Da werden die einzelnen Bereiche besprochen, stellen die Problempatienten vor. Es wird besprochen, was noch zu tun ist für den Spätdienst oder für den Nachtdienst. Auf was zu achten ist, ob irgendwelche Gefährdungen bestehen. Und das dauert circa 20 Minuten und dann ist sozusagen Schichtwechsel. Der Spätdienst übernimmt und der Frühdienst geht in den wohlverdienten Feierabend. Nicht so der Gefängnisarzt, der hat am Ende des Tages noch im Büro zu tun. Ich befunde EKGs, ich befunde Röntgenbilder. Ich beantworte Fragen der Staatsanwaltschaft von Gerichten. Ich mache kleine Gutachten, ich schaue mir das Labor an. Sichte die Arztbriefe und ich schaue, wo ich noch was veranlassen muss, wo ich noch Medikamente anordnen muss, wo ich noch Ausführungen machen muss in örtliche Krankenhäuser. Und die Liste wird mir jetzt noch eine gute Stunde beschäftigen. Weil hier gilt zu klären, welche Operation durchgeführt worden ist. Man sieht diesen vermutlich metallischen Körper. Ich werde noch mal in die Visite einbestellen und fragen, was vorgefallen ist mit seinem Fuß. Da seien die sogenannten Soft Skills gefordert, wie er es nennt. Also Einfühlungsvermögen. Denn in der Justizvollzugsanstalt sind Menschen aus 100 verschiedenen Nationen und Kulturen untergebracht. Bekommt er von Ihnen auch was zurück? Sehr häufig. Wenn sich eine Beziehung aufbauen lässt oder die positiv sich gestaltet, kriegt man sehr viel menschlich zurück. Weil die Menschen werden draußen in der Regel sehr schlecht behandelt und leben auf der Straße mit der Kälte, mit dem Dreck, dem Schmutz, der Gewalt. Und hier können wir schon von einer geschützten Umgebung sorgen. Und wenn die Menschen sich angenommen und aufgehoben fühlen, dann kriegt man enorm viel zurück. Also viele sehe ich auch draußen wieder an den Straßenbahnhaltestelle oder S-Bahn. Und dann werde ich auch angesprochen. Man begegnet sich auch in einer Großstadt wie Köln wieder. Es ist 17 Uhr, Feierabend für heute. Sein abendlicher Weg geht durch die Hafthäuser, viele Stahltüren, raus in das Kölner Leben. Das ist eine Welt für sich. Eine ganz eigene Welt, mit eigenen Regeln und Gesetzen. Einer kleiner Staat in sich. Hat er je gezählt, wie oft am Tag er auf und zu schließt? Am Tag, schätze ich. Über 100. Über 100 Türen auf und zu. Und kriegen sie den Schlüssel morgens oder ist das Ihrer? Der Schlüssel ist mir zugeordnet und gebe ich jetzt gleich ab, wenn ich die Anstalt verlasse. Und morgen früh nehme ich den wieder an mich. Dann erst öffnet sich für ihn die Sicherheitstür. Und wie verarbeitet er so einen Alltag? Das Belastende sind psychische Belastungen, die eigentlich in Konflikten bestehen. Ansonsten versuche ich, meine Arbeit hier so gut wie möglich zu machen, fahre mit meinem Fahrrad wieder nach Hause und wenn ich zu Hause angekommen bin, nach 15 Kilometer, dann habe ich mich erholt von dem Stress und das auch abgehakt.

    Leave A Reply